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Sozialistische Arbeiterpartei

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Die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) war in Pforzheim die wichtigste politische Gruppe im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Gründe für das Entstehen der SAP in Pforzheim

Ende 1931 treten mehr als zwei Drittel der Pforzheimer Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), mehr als 40 Personen, aus der Jugendorganisation der SPD aus, weil sie mit dem Kurs der Parteiführung, unter anderem Zustimmung zum Bau von Panzerkreuzern, nicht mehr einverstanden sind. Die antimilitaristische Ausrichtung der SAJ kommt in dem „Lied der Falken“ zum Ausdruck:

„Nie, nie woll’n wir Waffen tragen!
Nie, nie woll’n wir wieder Krieg!
Laßt die reichen Herren sich alleine schlagen,
wir machen einfach nicht mehr mit!“[1]

Mit ausschlaggebend für die Austrittswelle ist der Beschluss des SAJ-Hauptvorstands, der die Mitgliedschaft in der Deutschen Friedensgesellschaft als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SAJ erklärt.

Ebenso ein Grund für die Austritte ist die Tolerierung der Notverordnungen der Regierung Brüning durch die SPD-Reichstagsfraktion, mit denen die direkten Steuern auf Löhne, Einkommen und Umsätze und vor allem die indirekten Steuern wie auf Zucker, Bier und Tabak erhöht wurden - bei gleichzeitiger Senkung der Sozialausgaben sowie der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst. Im Herbst 1931 verschärft die Regierung durch staatlich festgelegte Lohn-, Preis- und Mietsenkungen noch einmal bewusst die Deflation, verschont bleiben von diesen Maßnahmen die Reichswehr und die Großgrundbesitzer östlich der Elbe.

Zur SAJ-Gruppe Pforzheim und dann zur SAP gehören auch die Mitglieder der jüdischen Jugendbewegung „Kameraden“ wie Kurt Baruch, Wilhelm Blum, Hans Pollak, Werner Reinheimer und Paul Strimpel. Bei der Spaltung der jüdischen Jugendbewegung schließen sie sich nicht der Gruppe um Martin Buber an, sondern der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ).

1931: Übertritte zur Sozialistischen Arbeiterpartei

Im November 1931 geht die Gruppe der Ausgetretenen geschlossen zur neugegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei. Diese versteht sich als Versuch, eine Einheitsfront gegen die drohende faschistische Gefahr herzustellen, nach Karl Schroth eine „Brücke, um die beiden antifaschistischen Parteien SPD und KPD durch die dritte Kraft im Kampf gegen Hitler näherzubringen“[2]. In Pforzheim und Huchenfeld hat die Partei etwa 100 Mitglieder.

Werner Reinheimer spricht bei öffentlichen Versammlung für die SAP, schreibt für das neu gegründete Kabarett „Die Roten Trommler“ mit Karl Schroth die Texte und gerät so in die Schusslinie des politischen Gegners, er bekommt im Sommer 1932 Morddrohungen und nachgedruckte Fahrkarten „Ab nach Jerusalem!“.

1932: Gegen die faschistische Gefahr

Vor den Reichspräsidentenwahlen im April 1932 warnen die Linksparteien: „Hitler heißt Krieg, Not, Hunger und Elend für das ganze deutsche Volk !“[3] – auch bei der gemeinsamen Demonstration von SAP und KPD am 16. Juli 1932 in Pforzheim - eine vergebliche Warnung, denn am 30. Januar 1933 übergeben die bürgerlichen Parteien Hitler und der NSDAP die Macht. Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 erhält die NSDAP in Pforzheim 57,5 Prozent der Stimmen.

1933: In der Illegalität

Ab Februar 1933 wird die Sozialistische Arbeiterpartei in die Illegalität gedrängt, ihre Presse verboten; die Partei geht auf Tauchstation, löst das Büro in der Forststraße 4 auf, lässt Schreib- und Abzugsmaschinen, Bücher und Propagandamaterial verschwinden. Decknamen werden benutzt, aus Werner Reinheimer wird "Uli", aus Karl Schroth wird "Herbert". Es gibt keine öffentlichen Versammlungen mehr, nur noch Treffs von Dreiergruppen, gefährliche Korrespondenz geht ab jetzt in unsichtbarer Tinte. Spendensammlungen helfen Verfolgten und ihren Familien. Die führenden Köpfe der illegalen Organisation sind Karl Otto Bührer (Lehrer), Walter Purkl (Vergolder) und Karl Schroth (Zeichner).

Werner Reinheimer bekommt „Besuch“ von der Gestapo und wird für kurze Zeit festgenommen, da die Nationalsozialisten bei ihm Gelder der illegalen Partei und Druckmaschinen vermutet. Seine geschäftlichen Kontakte und Auslandsreisen nutzt er für Kurierdienste zur SAP-Zentrale in Paris. Im Frühjahr 1935 muss Werner Reinheimer seine Heimat Richtung Brasilien verlassen, da seine Existenz als Reisender in Sachen Schmuck zunehmend verunmöglicht wird.

Warnung vor dem Krieg, Hilfe für Verfolgte

In Flugblättern, die nachts in Briefkästen gesteckt werden, warnt die SAP vor der "Erweiterung des Lebensraums nach Osten" (Adolf Hitler in „Mein Kampf“), was „soviel wie Krieg bedeutet“, auf Klebezetteln stehen Texte wie „Wer Hitler wählt, wählt Krieg“[4]. Im Juni 1933 verteilen SAP-Mitglieder in Pforzheim die illegale Schrift „Das Fanal“, das Titelblatt zeigt eine Fotomontage mit schrecklichen Kriegs- und Verwüstungsszenen unter dem Titel „Durch Rüstung zum Krieg!“[5].

Im Jahr 1933 ist die örtliche Sozialistische Arbeiterpartei Glied einer Fluchtkette, mittels derer verfolgte Antifaschisten über die Deckadresse der Partei in Pforzheim, den Maurer Gustav Hörmann in der Sankt-Georgen-Straße 44, zu Pfarrer Friedrich Honecker in Schwann gelangen, um „im Pfarrhaus eine Verschnaufpause einzulegen“[6] - vermittelt über Karl Schroth. Von dort aus führt der Fluchtweg über Freiburg und Weil am Rhein ins rettende Ausland. Für das Jahr 1934 ist Friedrich Honecker als Mitglied der illegalen Sozialistischen Arbeiterpartei genannt, betreut von der SAP in Huchenfeld und der SAP-Führung in Pforzheim mit Karl Bührer, Walter Purkl und Karl Schroth. Er bezieht wohl auch die Zeitschrift „Das Banner“, bezahlt Mitgliedsbeiträge, er ist als Verantwortlicher einer Dreiergruppe aufgeführt.

Nach dem Verbot der SPD am 22. Juni 1933 kommen folgende SPD-Mitglieder zur SAP: Ott Bär, Karl Blatz, Josef Dörflinger, Gustav Hörmann, Adolf Hog, Otto Knöller, Karl Laible, Adolf Mocker, Willi Moster, Karl Richardon und andere.

1935/1938: In den Fängen der Gestapo

Im Januar 1935 verhaftet die Gestapo Otto Brodbeck, Karl Otto Bührer und Karl Schroth und verhört sie drei Tage lang ohne Ergebnis, die Beweise reichen nicht für eine Anklage.

Am 11. April 1938 gerät Karl Otto Bührer in die Fänge der Gestapo, im Mai und Juni werden Hans Brammer, Otto Brodbeck, Ludwig Bub, Josef Dörflinger, Otto Habmann, Otto Knöller, Adolf Mocker, Karl Ohlau, Walter Purkl, Erwin Raisch und Karl Richardon verhaftet, im Oktober als letztes SAP-Mitglied Heinrich Bürk.

Karl Bührer, Erwin Raisch und Karl Schroth werden am 9. Juni 1939 von dem in Karlsruhe tagenden Volksgerichtshof abgeurteilt, Otto Brodbeck, Heinrich Bürk und Walter Purkl am 20. Dezember 1939 vom Oberlandesgericht Stuttgart (1. Senat), die anderen Antifaschisten am 14. März 1939 vom Oberlandesgericht Stuttgart (2. Senat). Die 16 SAP-Mitglieder werden wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu Strafen zwischen zwei Jahren Gefängnis und zehn Jahren Zuchthaus (Karl Otto Bührer) verurteilt.

Dies bedeutet das Ende des organisierten politischen Widerstands gegen die Nationalsozialisten in Pforzheim. Der Krieg, vor dem die SAP gewarnt hatte, hatte mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 schon begonnen.

Literatur

Quellen

  1. Schroth 1977, S. 201
  2. Schroth 1977, S. 268
  3. Schroth 1977, S. 285
  4. Dagenbach a.a.O., S. 31
  5. Karl Schroth: "Und immer wieder für die Freiheit: Pforzheimer sozialdemokratische Arbeiterbewegung 1924-1939", Pforzheim (SPD-Kreisverband Pforzheim) 1977, S. 388
  6. Karl Schroth: "Und immer wieder für die Freiheit: Pforzheimer sozialdemokratische Arbeiterbewegung 1924-1939", Pforzheim (SPD-Kreisverband Pforzheim) 1977, S. 387

Weblinks

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